Verflechtungen zwischen der DDR und Cuba: Mobilität, Austauschbeziehungen und Kreisläufe innerhalb des Rats für Gemeinsame Wirtschaftshilfe (RGW)

Gegenstand dieses Projekts ist eine Achse der internationalen Geschichte des sozialistischen Weltsystems: die wirtschaftlichen und personellen Verflechtungen zwischen der DDR und Cuba im Rahmen des RGW. Diese Verflechtungen sollen auf der Ebene wirtschaftlicher Austauschbeziehungen und auf der Ebene der Mobilität von Expert/inn/en und Berater/inne/n sowie von Student/inn/en untersucht werden.
Ziele des Projekts sind:
- zu untersuchen, wie diese Austauschbeziehungen Kreisläufe von Gütern und Personen ausbildeten, Verflechtungen, die das sozialistische Weltsystem zusammenhielten, oder wo sie dadurch, dass sie Konflikte und nationale Reaktionen auslösten, zu wachsenden Disparitäten und zu der Desintegration des RGW beitrugen.
- Funktionsweisen dieses RGW - Migrationssystems zu sondieren:
Wer waren die Hauptakteure und die Strukturen dieses Migrationssystems? Was brachte die temporären Migrant/inn/en in Bewegung und wie wurden sie durch diese Mobilität beeinflusst? Wo war die Gegenseitigkeit der Interessen und worin lag der von der DDR geltend gemachte "gegenseitige Vorteil" in diesen Beziehungen? Was waren die Interessen der institutionellen Akteure? Was waren die von den Staaten gesetzten institutionellen Rahmenbedingungen für diese Formen temporärer Migration und wie handelten die Individuen in diesem Rahmen? 
Zeitlicher Rahmen ist die Epoche der Integration Cubas in die wirtschaftliche Integrationsstruktur der sozialistischen Staatengemeinschaft, die ihren Mitgliedern aus Asien und Lateinamerika spezielle Instrumente wirtschaftlicher Angleichung bot. Eckpunkte bilden die Aufnahme Cubas in den RGW nach dem Scheitern eigenständiger kubanischer wirtschaftlicher Entwicklungsversuche Anfang der 1970er Jahre und der Zusammenbruch des sozialistischen Weltsystems.
In dieser Epoche spielte Cuba als Partner im RGW und als Akteur "internationalistischer" Interventionen in Afrika und Lateinamerika die Rolle einer Drehscheibe zwischen dem europäischen Zentrum des sozialistischen Weltsystems und seiner Peripherie in Asien, Afrika und Lateinamerika. Es ist eine Hypothese des Projekts, dass die Mobilität von Beratern und aller Arten von Entwicklungsarbeiter/inne/n aus den europäischen RGW-Ländern nach Cuba, von kubanischen Student/inn/en nach Europa, von kubanischen Beratern und Entwicklungsarbeiter/inne/n ("Internacionalistas") nach Afrika, Asien und Lateinamerika, sowie die Mobilität von Student/inn/en von dort nach Cuba Sphären der Kommunikation innerhalb des sozialistischen Weltsystems bildeten. Das Projekt untersucht auch kubanisch-ostdeutsche Dreieckskooperationen in Afrika am Beispiel Angolas. Durch den Blick auf den RGW als eine globale und nicht nur europäische Entwicklungsorganisation und als System temporärer Migration betritt das Projekt neues Forschungsgebiet.
Hauptmethoden sind die Analyse von Archivmaterial, sowie  semi-strukturierte lebensgeschichtliche Interviews mit personellen Akteuren aus der DDR und Cuba.

This project is funded by the Gerda Henkel-Stiftung, Düsseldorf (2018/2019)